Dahler Wind-Initiative (DaWI):
Positionen zum weiteren Ausbau der Windindustrie (2014)
Windkraft ja – aber menschenverträglich
Die Leitidee der Energiewende: Verbesserung der Lebensqualität der Menschen durch Minimierung von Risiken der Energiegewinnung (z. B. Atomkraft und Kohlekraft). Diese Leitidee darf durch neue Risiken nicht abermals aufs Spiel gesetzt werden.
Auch beim weiteren Ausbau der Windindustrie muss der Mensch das Maß technischer und technologischer Entwicklungen bleiben. Vor allem anderen ist dessen Lebensqualität zu gewährleisten.
Dies gilt auch für alle diejenigen, die in der Nähe von Windkraftanlagen wohnen: Sie haben ein Recht auf Schutz vor akustischen und optischen Beeinträchtigungen, Belastungen und Risiken (Lärm, Infraschall, Stress). Deren psychophysische Gesundheit muss unantastbar bleiben.
Also Nein zu Windkraftanlagen in unmittelbarer Nähe zu Wohngebieten!
Windkraft ja – aber erst nach sorgfältiger Standortprüfung
Auf kommunaler Ebene muss über konkrete Standortfragen entschieden werden. Deshalb führen alle allgemeinen Verweise auf Atomausstieg, Energiewende und Klimaschutz ins Leere, weil sich damit keine Standortentscheidungen begründen lassen. Es sei denn, man führt diese Argumentation bis zum „bitteren Ende“: Im Zuge der Energiewende muss (auch) die Windindustrie weiter ausgebaut werden – gleichgültig mit welchen Technikfolgen auch immer.
Bei Standortentscheidungen müssen vorrangig die möglichen Beeinträchtigungen der Anwohner in Betracht gezogen werden. Gesundheitliche Belastungen und Risiken lassen sich mit Verweis auf rechtliche Regelungen (z. B. TA-Lärm) nicht einfach „wegdiskutieren“, und verantwortungsvolle Politik darf diese nicht billigend in Kauf nehmen.
Eine Diskussion über erträgliche Abstandsregelungen und über akzeptable Mindestabstände zwischen Wohn- und Windindustriegebieten muss unter Berücksichtigung geografischer Gegebenheiten und ungünstiger Windrichtungen vor Ort geführt werden. (Oder will man – wie mancherorts der Fall – wirklich akzeptieren, dass Anwohner tagsüber die Fenster geschlossen halten müssen und nachts unter Schlafstörungen leiden, weil sie dem unablässig schwellenden „Rauschen“ der nahestehenden Windkraftanlagen ausgesetzt sind?)
Erträgliche Abstandsbemessungen zwischen Wohn- und Windindustriegebieten sollten der Faustregel folgen: Gesamthöhe der Windkraftanlage x 10 = Abstand zum nächstliegenden Wohnhaus.
Windkraft ja – aber unter Beteiligung der Bürger an Standortplanungen
Standortprobleme lassen sich – politisch verantwortungsvoll – nur unter Einbeziehung der orts- und sachkundigen Bürgerinnen und Bürger verhandeln. Eine sozialverträgliche Nutzung der Windenergie ist ohne Bürgerbeteiligung nicht möglich.
Kommunale Windindustrieplanung darf nicht einseitig im Interesse der Landbesitzer und Investoren und mit Blick auf Gewerbesteuereinnahmen betrieben werden. Ausgewogene Standortentscheidungen kommen ohne eine sorgfältige Bilanzierung von Gewinnen und Verlusten nicht aus, wobei auch die Lasten und Belastungen der Anwohner in Rechnung zu stellen sind.
Windkraft ja – aber keine Zerstörung gewachsener Infrastrukturen
Der Ausbau der Windindustrie darf auch in windhöffigen Gebieten nicht dazu führen, dass Orte durch Windkraftanlagen von allen Seiten „zugestellt“ werden. Freie Sichtachsen und Naherholungsgebiete müssen auch dort erhalten bleiben.
Das betrifft auch die gewachsenen Infrastrukturen in kleineren Orten. Denn auch dort sind die Menschen angewiesen auf Dienstleistungseinrichtungen (Einkaufsmöglichkeiten, Kindergärten und Schulen, ärztliche Versorgung etc.) in erreichbarer Nähe.
Nein zu einer Windindustrialisierung, durch die windhöffig gelegene Ortschaften (wie z. B. Dahl) in Windindustriegebiete umgewandelt werden!
Windkraft ja – aber keine Zerstörung der Natur- und Kulturlandschaften
Die Menschen wollen noch unverstellte Natur, Erhalt der Artenvielfalt in Flora und Fauna. Sie legen Wert auf den Erhalt gewachsener Kulturlandschaften, in denen sie ihre „Heimat“ sehen.
„Die Deutschen haben offenbar ein gutes und realistisches Gespür die nachhaltige Nutzung der Natur. 93 Prozent sind der Auffassung, dass die Natur nur so genutzt werden darf, dass die Vielfalt und ihre Lebensräume auf Dauer gesichert sind, sowie die Eigenart und Schönheit der Landschaften erhalten bleibt“ (Beate Jessel, Präsidentin des BA für Naturschutz).
Heißt auch: Die bestehenden Vorschriften zum Schutz der Flora und Fauna müssen (in Dahl ebenso wie anderswo) eingehalten werden. Dies muss durch unabhängige Gutachten belegt werden, in denen die vorhandene Artenvielfalt über ausreichend lange Zeit beobachtet und registriert worden ist, um geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen.
Naturflächen und Kulturlandschaften dürfen nicht durch eine ungebremste Windindustrialisierung bis an die Grenzen des rechtlich Erlaubten mittel- und langfristig verbaut und zerstört werden.
Windkraft ja – aber ohne Privilegierung der Windindustrie
Mit der Privilegierung war ursprünglich beabsichtigt, der Energiewende politisch „Schub zu geben“. Inzwischen ist diese Privilegierung hinfällig: Die Energiewende ist auf den Weg gebracht und hat insbesondere in NRW und vor allem in Ostwestfalen einen beachtlichen Ausbau erfahren.
Stattdessen befördert eine unklare Rechtsnorm, wonach der Windenergienutzung „substanziell Raum“ geschaffen werden soll, eine weitere ungebremste Windindustrialisierung. Die Planungshoheit der Kommunen wird durch diese vage Rechtsnorm einschränkt, denn selbst der Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann nicht entnommen werden, wo „die Grenze zwischen einer unzulässigen Verhinderungsplanung und dem substanziellen Raum für die Windenergie verläuft“ (vgl. Bundesverwaltungsblatt 8/2013).
Weil aber die Kommunen in einem rechtsunsicheren Raum nicht rechtssicher planen können, planen sie „zur Sicherheit“ möglichst großzügig bis an die Grenzen des rechtlich Zulässigen – zugunsten der Landbesitzer und Investoren und zu Lasten der Anwohner.
Die Privilegierung der Windindustrie in Außenbereichen gehört abgeschafft!
Windkraft ja – wenn bedarfsgerechte Energiespeichersysteme zur Verfügung stehen
Bei Standortplanungen und -entscheidungen (man kann es gar nicht oft genug herausstreichen) steht nicht die Energiewende auf dem Spiel. Es geht vielmehr um erträgliche Abstandsregelungen und um den Verzicht auf die eine oder andere WEA, um die Lebensqualität der Anwohner zu gewährleisten.
Wenn Standortentscheidungen dennoch mit dem „Generalverweis“ auf die Energiewende belegt werden, müssen die vorgetragenen Argumente auch in diesem Fall genau geprüft werden. Denn das ungeklärte Grundproblem der Windenergienutzung besteht nach wie vor: Wie lässt sich volatile Energie bedarfsgerecht so speichern, dass die energetische Grundversorgung jederzeit – zu jeder Tages- und Jahreszeit und bei jeder Wetterlage – sichergestellt werden kann?
Da der Wind nicht immer und nicht gleichmäßig weht (und da auch die Sonne nicht dauerhaft für die Photovoltaik-Anlagen scheint), müssen die vorhandenen konventionellen Kraftwerke für die Stromversorgung ständig bereitgehalten werden. Es kann also kein Kraftwerk abgeschaltet und durch Windkraftanlegen ersetzt werden. Dies wäre nur möglich, wenn Windkraftanlagen im Verbund mit Stromspeichersystemen eingesetzt werden könnten.
Diese Systeme müssten in der Lage sein, auch über längere Flautezeiten hinweg Strom in konstanten Mengen zu liefern, Und umgekehrt: Bereits heute sind in Deutschland so viele Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen installiert, dass diese beiden Energieträger bei starkem Wind und starker Sonneneinstrahlung (und weil die zusätzlich erforderlichen Grundlast-Kraftwerke nicht so schnell heruntergefahren werden können) so viel Strom produzieren, dass dieser gedrosselt oder aber exportiert werden muss.
Daraus folgt: Die erforderlichen Speichertechnologien müssen mit Priorität entwickelt werden, bevor die Windkraft weiter ausgebaut wird und sich Speicher- und Versorgungsprobleme womöglich noch weiter verschärfen.
Und da noch niemand die zusätzliche Energiegewinnung durch Repowering genau abschätzen kann, ist ebenfalls noch unklar, ob neue Windkraftanlagen zur Energieversorgung überhaupt noch erforderlich sind.