Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Risiken
Die Verpflichtung des Staates, für Maßnahmen des Gesundheitsschutzes Sorge zu tragen und Leben und Gesundheit des Einzelnen zu schützen, ist im Grundgesetz festgeschrieben („Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ nach Art. 2 Abs. 2 GG).
Dabei gilt das Vorsorgeprinzip: „Das Schutzziel beschränkt sich nicht mehr auf die Mindestanforderungen einer unmittelbaren Gefahrenabwehr“, vielmehr sollen auch mögliche und absehbare Risiken erkannt und abgewendet werden, bevor Schaden verursacht wird (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung).
Daraus ist zu folgern: Auch die Prüfung von Windindustrie-Standorten darf sich nicht auf den Ausschluss bereits nachgewiesener Belastungen beschränken. Vielmehr können auch jene Risiken nicht billigend in Kauf genommen werden, für die bisher zwar Anhaltspunkte, aber noch keine „endgültig gesicherten Ergebnisse“ vorliegen.
Erträgliche Abstände
Lassen sich die Abstände zwischen Wohnbebauung und Windindustrieanlagen pauschal festlegen? Die Antwort: ein klares Nein!
Betrachtet man das europäische Ausland, so gilt zum Beispiel in Frankreich ein 3 km-Abstand zur nächsten Wohnbebauung (und dort sind schon erste Verfahren wegen Gesundheitsgefährdungen anhängig), in England sollen 3 miles (ca. 4,8 km) Abstand eingehalten werden.
In Deutschland werden Abstandsregelungen in allen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Dabei sind neben der Einzelfallbetrachtung, wie in Nordrhein-Westfalen, alle Varianten bis zur 10fachen Höhe von Windindustrieanlagen zu finden.
Im “alten” Windenergie-Erlass von Nordrhein-Westfalen wird unter Abs. 8.1.1 noch von einem Abstand von 1 500 m zu einem typischen Wohngebiet gesprochen. Im aktuellen Windenergie-Erlass vom 11.07.2011, Abs. 8.1.1, richten sich die Abstände nach der TA-Lärm (Technische Anleitung Lärm), wobei die empfohlenen Abstände in Abhängigkeit von der Anlagenart, der Anlagenanzahl und der Schutzwürdigkeit der betroffenen Gebiete (Richtwerte nach TA-Lärm) variieren.
In vielen Diskussionen mit Politikern und Behördenvertretern der Stadt und des Kreises Paderborn hat die DaWI jedoch erfahren müssen, dass den Planungen wiederum pauschalierte Abstandsregelungen zugrunde gelegt werden: Geplant wird mit einer zwei- bis dreifachen Anlagenhöhe, das heißt, bei einer Windindustrieanlage mit 200 m Höhe wird ein Abstand von nur 400 m bis 600 m zur nächsten Wohnbebauung angesetzt.
Diese Abstands-Pauschalierung kann aus zwei Gründen nicht widerspruchslos hingenommen werden. Erstens: Im aktuellen Windenergie-Erlass NW werden die genannten Abstandsregelungen ausdrücklich als “Faustregeln” mit empfehlendem Charakter ausgewiesen, die politische Entscheidungsspielräume zulassen. Zweitens: Bei den konkreten Standort-Entscheidungen dürfen die jeweils vorfindlichen örtlichen Gegebenheiten nicht außer Acht gelassen werden.
Die DaWI sieht deshalb eine ihrer vorrangigen Aufgaben darin, im Interesse und zum Schutz der Wohnbevölkerung dafür einzutreten, dass – unter Berücksichtigung der geografischen Gegebenheiten vor Ort – erträgliche Abstände zwischen Wohnbebauung und Windindustriegebieten eingehalten werden. Dabei sind sorgfältige Folgeabschätzungen im Hinblick auf die bekannten, aber auch hinsichtlich der noch in der Diskussion stehenden Belastungen und Beeinträchtigungen (z.B. Infraschall) unverzichtbar.
Unter dieser Perspektive wird die DaWI ihre Position bei allen Planungen der Stadt Paderborn konstruktiv und streitbar einbringen!